Wer hohe Türme bauen will, muß lange am Fundament verweilen

Den ersten Kontakt zu Jörg hatte ich in seiner Funktion als Richter bei der Prüfung zum Trainer C Westernreiten, die ich mit meiner Haflingerstute Nalah absolvierte. Jörg prüfte die Reitlehre und gab uns deutlich zu verstehen, dass wir zwar brav auswendig gelernt hatten, was in den Richtlinien stand, aber praxistechnisch keiner so wirklich einen Plan hatte. Die Fragen zu den Zusammenhängen zwischen einzelnen Punkten der Ausbildungsskala, der Entwicklung von gewissen Lektionen und Manövern und nicht zuletzt nach dem Reitgefühl der einzelnen Punkte der Ausbildungsskala haben uns die Angst ins Gesicht getrieben. Ich erinnere mich gut an den vorwurfsvollen Blick von Jörg, der auf eine gewisse Verständnislosigkeit schließen ließ. Auch wenn sich das nicht in der Notengebung wiederfand, kamen sich alle Prüflinge in der abschließ enden Beurteilung so vor, als steckten wir beim Reiten noch alle in den Kinderschuhen. Und dies obwohl einige, so auch ich, jahrelang Unterricht bei namhaften Ausbildern genossen haben. Jörg kritisierte auch die Gangqualität und die nicht vorhandene Durchlässigkeit meines Pferdes. Ich konnte das nicht nachvollziehen, hatte mein Pferd doch immer „nett die Nase tief“ und kam an den jeweiligen Punkten in den geforderten Gangarten an 🙂 Mit gemischten Gefühlen von Freude über den gewonnen Abschluss, etwas wütend auf die aus meiner Sicht boshaften Fragen in der Teilprüfung „Reitlehre“ und nicht zuletzt sehr selbstkritisch über das eigene Nichtwissen kam ich bei meinem Mann an. Dieser berichtete mir freudestrahlend, er habe einen Kontakt zu Jörg Bös hergestellt und wir würden demnächst eine Woche zum Unterricht zu ihm fahren. Meine Freude darüber hielt sich in Grenzen – so war ich eigentlich froh gewesen, diesen kritischen Augen zunächst nicht mehr begegnen zu müssen. Nunja, ein paar Wochen später folgten die ersten Stunden bei Jörg. Ich kam mir etwas vor wie in einer anderen Welt. Übungen von denen ich dachte, Nalah und ich beherrschten sie, galten als „nicht durch den Körper“. Ich musste einen differenzierteren Einsatz der Hilfen lernen und es stand immer wieder das Erfühlen von gewissen Bewegungen im Vordergrund. Ich war extrem gefordert, hatte dabei aber nach jeder Stunde das Gefühl immer mehr und immer genauer erfragen zu wollen. Nalah hatte sich nach drei Tagen so gebessert, dass wir korrektere Galoppsprünge hatten. Sie war nach starker Arbeit trotzdem kaum geschwitzt und ich konnte nach jeder Einheit in zufriedene, wache Augen sehen. Ich war fasziniert von dem Gedanken, dass mein Pferd sich durch die Arbeit so entwickelte und auch mental so zufrieden mit den neuen, höheren Anforderungen war. Ich schaute Jörg viel beim Reiten der Berittpferde, sowie seines eigenen Dressurpferdes “ Motion“ zu und durfte diesen auch mal reiten. Ich kann mich noch heute gut an das Gefühl erinnern, mit welcher Weichheit und Eleganz sich dieses Pferd bewegte und war nach dieser Woche süchtig nach dem Gefühl „das Pferd zu fühlen“. Zuhause stellte sich schnell heraus, dass es nicht so einfach ist, das auch nur annähernd selbst zu erreiten und so fuhr ich in immer kürzer werdenden Abständen für ein paar Tage mit Nalah zu Jörg. Nach und nach veränderte sich Nalah muskulär und mental sehr. Sie lief aufmerksam, selbstbewusster und mit mehr Ausdruck in den Gangarten. Ich wehrte mich noch lange Nalahs Westernsattel gegen einen Dressursattel einzutauschen, wollte ich doch dieser Art der Reiterei treu bleiben. Die Sucht nach Jörgs Art Pferde mit mehr Weichheit und Durchlässigkeit zu bewegen, war endlos geworden. Ich nahm einmal die Woche mit Nalah Unterricht und parallel mit einem von Jörgs Pferden. Es ist schwer zu beschreiben, welche Gedanken sich in den folgenden Monaten und Jahren in mir aufgetan haben. Immer mehr versuchte ich zu reflektieren und zu begreifen, während ich den Weg ging, den ich eingeschlagen hatte. Meine Abschlussprüfung für den Pferdewirt rückte näher. Dank Jörgs Vorbereitung konnte ich im Landgestüt Dillenburg diesen Abschluss ablegen. Für mich persönlich kam ich nach und nach zu dem Entschluss, dass „gutes Reiten“ unabhängig von der Ausrüstung von Pferd und Reiter ist und die Harmonie das oberste Ziel im Zusammenspiel von Mensch und Pferd sein sollte. Jörg kam mittlerweile alle zwei Monate zu uns auf den Leuchtfeuerhof, hielt Theoriekurse und Unterricht und gab mir auf diesem Wege die Möglichkeit, mich nach und nach weiterzuentwickeln. Manche Fortschritte auf dem Pferd stellten sich erst ein, wenn der theoretische Hintergrund verstanden oder der ein oder andere philosophische Gedanke zur Reiterei es wieder zuließ. Ich erweiterte meine reiterliche Grundausbildung um das Springen und legte meine Deutschen Reitabzeichen IV und III mit meinen eigenen Pferden ab und ich möchte mit einem gewissen Stolz erwähnen, dass ich mit Nalah die Dressuren mit guten Wertnoten bestand. Jörg begleitete uns weiterhin alle zwei Monate mit Unterricht in Theorie und Praxis und inspiriert von Jörgs philosophischer Grundhaltung beschäftigte ich mich viel mit Literatur der alten Reitmeister und den Grundfragen eines ethisch korrekten Umgangs mit dem Pferd . Ich legte 2010 zunächst den Trainer B Westernreiten und auf klassischer Ebene die Pferdewirtschaftsmeisterprüfung ab. 2013 bestand ich mit guten Leistungen den Trainer C FN-auch hier wieder mit Nalah an meiner Seite. Jörg ist ein toller Ausbilder, dessen Fachkompetenz mich fasziniert und mir diese Entwicklung ermöglich hat. Denn: „Wer hohe Türme bauen will, muss lange am Fundament verweilen!“

Mit freundlichen Grüßen Jacqueline Orth Pferdewirtschaftsmeister FN Trainer C FN Trainer B EWU Leuchtfeuerhof Jacqueline und Frank Orth Bohrgewanne 1 67071 Ludwigshafen www.leuchtfeuerhof.de Besuchen Sie uns auch bei facebook www.facebook.com/Leuchtfeuerhof

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